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Brechmitteleinsatz
13.07. 2006
Europäischer Gerichtshof erklärt den jahrelangen Einsatz von Brechmitteln im Rahmen der Verfolgung von Drogendelikten für menschenunwürdig

Pressemitteilung der Kampagne gegen Brechmitteleinsätze
vom 13. Juli 2006

Senat muss jetzt auch in Hamburg das Folterverbot durchsetzen !
Europäischer Gerichtshof erklärt den jahrelangen Einsatz von Brechmitteln im Rahmen der Verfolgung von Drogendelikten für Menschenunwürdig.
Der Einsatz von Brechmitteln gegen Kleindealer verstößt gegen die Europäische Menschen-rechtskonvention. Deutschland wurde deshalb gestern vom Straßburger Gerichtshof für Men-schenrechte verurteilt. Der Brechmitteleinsatz sei eine "inhumane und erniedrigende Behand-lung", entschieden die Richter mit 10 zu 6 Stimmen. Wenn der Staat auf diese Weise gewonne-ne Beweismittel im Strafprozess verwendet, verstoße dies gegen das Recht auf ein faires Ver-fahren.

Gerade in Hamburg hat dieses Urteil eine besondere Bedeutung:

Hier starb am 9. Dezember 2001 der junge Afrikaner Achidi John an den Folgen eines Brech-mitteleinsatzes. Trotz öffentlicher Proteste, Ärztekammerbeschlüsse und von Strafanzeigen halten in Hamburg Innenbehörde und Justizbehörde an dieser unmenschlichen Praxis fest Dies muss jetzt sofort ein Ende haben. Wir zitieren im folgenden aus unseren eigenen Erklärungen von 2002, da sich Wahrheit auch nach 4 1/2 Jahren nicht abnutzt: "Die staatliche Anordnung der Brechmittelvergabe ist eine Aufforderung zur Folter. Denn nichts anderes ist die Sicherstellung von Beweisen unter Missachtung und Verletzung der körperlichen und psychischen Unversehrtheit. Ihre Wahrung und die Unantastbarkeit der Menschenwürde gelten immer noch für jedermann - ob Straftäter oder nicht."

"Die Veröffentlichung unseres Aufrufes mit über 900 Unterschriften in der Hamburger Morgen-post und der taz (im Januar 2002) sind verbunden mit der Hoffnung auf eine gesellschaftlichen Auseinandersetzung, bei der es um Fragen der Humanität und der Moral in dieser Stadt und ihren Institutionen geht."

Die Hamburger Verhältnisse haben diese Auseinandersetzung vor Ort zum Scheitern gebracht. Aber durch Vernetzung und auch juristische Auseinandersetzung bis hin zur Europäischen E-bene ist es jetzt gelungen, Menschenwürde wieder einklagbar auch in dieser Stadt zu machen.

Wir fordern den Senat auf, den Einsatz von Brechmitteln unverzüglich zu beenden!

Wir fordern auf der Grundlage der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes die umfassende juristische Überprüfung des Todes von Achidi John: Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen - ÄrztInnen, PolizeibeamtInnen, politisch Verantwortliche und die Überprüfung der Obduktionsergebnisse durch unabhängige GutachterInnen.

Schluss mit der Vergabe von Brechmitteln!
Die Würde des Menschen ist unantastbar !


  • Urteil vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (11.07.2006)
    Fünf Jahre Verletzung des Folterverbots (Christian Arndt für "Landesinfo Sept. 06 Nr.3)
    Kleine Anfrage (18_4754) der GAL vom 03.08.2006
    Antwort des Senats ( 18_4754) vom 11.08.2006
    Brief an den Ärztlichen Direktor des UKE
    (Kampagne gegen Brechmitteleinsätze vom 02.08.2006)
    Offener Brief an die SPD (Kampagne gegen Brechmitteleinsätze vom 02.08.2006)
    Senat stellt zwangsweise Vergabe von Brechmittel ein (01.08.2006)
    PM Rechtsanwältin Gabi Heinecke vom 27.07.2006
    PM Kampagne gegen Brechmitteleinsätze vom 12.07.2006
    PM von Norman Paech (MdDB) vom 12.07.2006
    PM EUROPEAN COURT OF HUMAN RIGHTS vom 11.07.2006
    Kleine Anfrage von der GAL und Antwort des Senats (23.09.2005)
  • www.echr.coe.int (homepage EUROPEAN COURT OF HUMAN RIGHTS)

  • Presse
  • www.indymedia,org (21.07.2006)
    Späte Sühne verlangt (TAZ 28.07.2006)
    Hamburg schafft Brechmittel- Zwang ab (HH Abendblatt 27.07.2006)
    Keine Zwangsverabreichung an Dealer (HH Abendblatt 15.07.2006)
    Hamburg stellt Brechmittelvergabe vorerst ein (die Welt 15.07.2006)
    Niedersachsen stoppt Brechmittel Einatz bei Drogendealern (NDR 14.07.2006)
    HH will weiter Brechmittel einsetzen (HH Abendblatt 14.07.2006)
    Das Brechen brechen (TAZ 14.07.2006)
    Brechmittel werden in HH immer seltener eingesetzt (die Welt 13.07.2006)
    Brechmittel-Vergabe war nicht Rechtens (Hamb. Abendblatt 13.07.2006)
    Länder prüfen Brechmittel-Urteil (FR 13.07.2006)
    Zu spät für die Toten (TAZ 13.07.2006)
    Von Anfang an des Unrechts bewußt (Kommentar) (TAZ 13.07.2006)
    Brechmittel als Folter (Mopo 13.07.2006)
    Kotzen ist Menschenrecht (TAZ 12.07.2006)
    Deutschland wegen Brechmittel-Einsatzes verurteilt (Tagesschau 11.07.2006)
    Deutschland hat gegen das Folterverbot verstoßen (FAZ 11.07.2006)


    Flüchtlingsrat Hamburg, Nernstweg 32-34, 22765 Hamburg
    Tel.: 040-431587 Fax: 040-4304490

    info@fluechtlingsrat-hamburg.de


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